Der Nachwuchs steht in den Startlöchern

Im Gespräch mit unseren Jungwinzern

© Alde Gott Winzer Schwarzwald eG

Es ist der Wunsch jedes familiären Weinguts: Das, was in der Familie seit Jahrzehnten aufgebaut wurde, eines Tages an den eigenen Nachwuchs zu übergeben. Umso schöner, wenn sich die Nachfolger mit dem gleichen Interesse und großer Leidenschaft dieser Aufgabe widmen und die Familientradition weiterleben. 
Auch in Baden stehen ab diesem Jahr einige Nachfolger in den Startlöchern und übernehmen immer mehr Verantwortung im Betriebe – sei es im Weinberg, Keller oder im Bereich Marketing/Vertrieb.
Wir haben mit den „jungen Wilden“ gesprochen und interessante Einblicke in ihr Leben und ihre Arbeit erhalten.

Josefine Schlumberger vom Weingut Rainer Schlumberger

Wie alt bist Du?
Ich bin 26 Jahre alt.

Welche Ausbildung hast Du absolviert?
Ich habe in Geisenheim Weinbau und Oenologie studiert.

In welchem Alter war klar, dass Du ins elterliche Weingut einsteigen willst?
Mit 19 habe ich entschieden Weinbau zu studieren. Für den Einstieg in den Familienbetrieb habe ich mich mit 24 entschieden.

In welcher Generation befindet sich Euer Betrieb und wie groß ist dieser?
Wir wissen gar nicht so genau, in welcher Generation wir unseren Hof bewirtschaften - auf jeden Fall ist er schon sehr lange in Familienbesitz. Wir haben 6 Hektar Weinbau und ein paar Obstbauflächen.

Wie sieht Dein „normaler“ Tagesablauf aus? 
Eigentlich gibt es keinen "normalen" Tagesablauf, jeder Tag ist anders. Morgens checke ich auf jeden Fall Mails und bespreche mit meinen Eltern die wichtigsten Aufgaben für den Tag. Danach packe ich häufig einige Pakete für den Versand. An manchen Tagen steht ansonsten Büroarbeit an, an anderen geht es in den Keller oder in die Reben. Das variiert auch sehr stark mit der Jahreszeit und den damit anfallenden Arbeitsschwerpunkten. 

Welche Projekte stehen kurz- und langfristig an?
Ich bin aktuell dabei, zwei neue Markenweine zu kreieren. Außerdem starten wir in diesem Jahr ein großes Bauprojekt, um unseren denkmalgeschützten Altbau zu erhalten und auszubauen. Und wir arbeiten natürlich immer an der zukünftigen Ausrichtung des Weinguts. Aktuell beschäftigen wir uns viel mit dem Thema Nachhaltigkeit und naturnahem Weinan- und -ausbau.

Welche Vision hast Du in Bezug auf den Weinbau/Branche allgemein und in Bezug auf das eigene Weingut?
Ich hoffe, dass wir als Branche neue Wege finden, um noch nachhaltiger zu arbeiten und uns in diesem Bereich auch mit Hilfe der Forschung stetig weiterzuentwickeln. Es gibt noch einige Problempunkte, auch im biologischen Weinbau, für die ich mir in Zukunft bessere Lösungen wünschen würde. Außerdem arbeite ich daran, dass es uns als Weingut gelingt, weiterhin charakterstarke und besondere Weine zu machen. Ich sehe mich auf dem Weg dorthin aber nicht alleine, sondern glaube, dass wir viel weiter kommen, wenn wir uns untereinander austauschen. Meine Vision für den badischen Weinbau wäre es, dass wir uns als Winzer zusammenschließen, uns austauschen und weiterentwickeln - vielleicht auch gemeinsam mal ungewöhnliche Wege bestreiten - und sich so eine Strahlkraft für das ganze Gebiet entwickelt.

Katja Reinecker & Steffen Reinecker 
Privat-Sektkellerei Reinecker, Auggen & Weingut am Klotz

Welche Ausbildung habt Ihr absolviert? 
Duales Studium: International Business Management mit Schwerpunkt Marketing im Weingut Franz Keller in Oberbergen; IHK geprüfte Sommelière & Sommelier WSET Level 3 
Duales Studium Weinbau & Oenologie in Neustadt (Weinstraße)

In welchem Alter war klar, dass Ihr ins elterliche Weingut/elterliche Sektkellerei einsteigen wollt? 
Mit Beginn des Studiums und der zunehmenden Praxiserfahrung wurde die Entscheidung immer klarer und die Passion immer größer.

In welcher Generation befindet sich Euer Betrieb und wie groß ist dieser?  
In der Sektkellerei Reinecker: 2. Generation, Gründung durch unsere Eltern Herbert und Christina Reinecker im Jahr 1987. Ca. 5 Hektar, zusätzlich Lohnversektung für ca. 250 Betriebe.
Im Weingut am Klotz: 1. Generation, Gründung in 2019, ca. 8 Hektar

Wie sieht Euer „normaler“ Tagesablauf aus? 
Ich kümmere mich um alle Marketing-Belange (Social Media, Homepage, Print, Veranstaltungen etc.). Dazu kommt im Tagesgeschäft der Kontakt mit unseren Kunden (sowohl Lohnversektung als auch Sekt- und Weinverkauf), zur Zeit natürlich vor allem telefonisch. Wir sind ein Familienbetrieb, daher übernehme ich (wie alle anderen auch) ansonsten ggfs. alles was ansteht: Buchhaltung, in der Produktion aushelfen, Rebarbeiten etc.
Im Tagesgeschäft ist die Lohnversektung ein großer Teil. Je nach Jahreszeit/Zeitpunkt kümmere ich mich um die Arbeiten im Rebberg, im Keller bzw. alles rund um den Weinbau. Genauso übernehme ich aber auch Veranstaltungen wie Sekt-/Weinproben oder Kundenkontakte.

Welche Projekte stehen kurz- und langfristig an?
Das größte Projekt ist aktuell der Um- und Aufbau unseres Weinguts am Klotz, das wir gemeinsam mit der Familie Keller aus Oberbergen führen. Dabei gibt es sowohl kurz- als auch langfristige Aufgaben und Ziele. Kurzfristig steht beispielsweise die Eröffnung unseres Hofverkaufs an. Die entsprechenden Renovierungsmaßnahmen sind bereits erfolgt. Jetzt müssen wir sehen, wie die aktuelle Situation in Bezug auf Corona das zulässt. Zusätzlich ist die Planung und der Bau der Räumlichkeiten für den Weinausbau im Gange. Der Weinbau nach Öko-Richtlinien ist ein weiterer wichtiger Punkt auf unserem weiteren Weg.  
Zum Thema Sekt: Der Verband traditioneller Sektmacher hat sich vor kurzem neu aufgestellt und arbeitet aktuell mit Volldampf daran, den Ruf des deutschen Sekt aus klassischer Flaschengärung wieder voranzubringen. Dazu sind längerfristig tolle Veranstaltungen und eine intensive Öffentlichkeitsarbeit zu diesem Thema geplant.  

Welche Vision habt Ihr in Bezug auf den Weinbau/Branche allgemein und in Bezug auf das eigene Wein- bzw. Sektgut? 
Ein Punkt, der uns wichtig ist, ist das Voranbringen des Image des Deutschen Sekts. Da über 95% der deutschen Sekte aus industrieller Massenproduktion stammen, hat der Ruf in qualitativer Sicht stark gelitten. Die Aufmerksamkeit auf dieses Thema nimmt seit einigen Jahren zu. Dies zeigt sich auch daran, dass einige der bekannten Fachmagazine nun Verkostungen oder Wettbewerbe ausschließlich für Sekt aus klassischer Flaschengärung ausrichten. Unser Traum wäre es, wenn der deutsche Sekt irgendwann wieder an das Renommée vergangener Tage anknüpfen könnte. Viele Betriebe, die Spitzenqualitäten erzeugen, gibt es ja bereits!        
Wir wünschen uns auch, dass Wein und Sekt wieder mehr als natürliches, handwerklich erzeugtes Produkt behandelt und gesehen werden. Der Respekt vor der Natur und der entsprechende Umgang mit Ihr ist für uns Grundvoraussetzung und geht mit höchstem Qualitätsanspruch einher. 

Miriam Kaltenbach, Kaltenbach-Weine 

Wie alt bist Du?
23 Jahre alt

Welche Ausbildung hast Du absolviert?
Eine Ausbildung als Winzerin in Baden und ich bin im Sommer fertig mit dem Weinbau & Oenologie Studium in Geisenheim.

In welchem Alter war klar, dass Du ins elterliche Weingut einsteigen willst?
Das ist noch nicht so lange klar. Mit dem Gedanken habe ich natürlich schon lange gespielt. Aber nur, weil ich in diese Richtung studiere, heißt das ja nicht automatisch, dass mein weiterer Lebensweg festgelegt ist. Durch Corona war ich nun aber ziemlich viel daheim und habe die Zeit genutzt, ein paar Dinge anzugehen und mir über meine persönliche Zukunft klar zu werden. Und die soll im Wildtal, im elterlichen Betrieb sein. 

In welcher Generation befindet sich Euer Betrieb und wie groß ist dieser?
Landwirtschaft gibt es tatsächlich schon seit vielen Generationen, der Weinbau ist mit mir dann aber erst in der zweiten. Aktuell sind es 4,5 Hektar Weinbau und noch etwas Acker- und Obstbau sowie Tiere. 

Welche Projekte stehen kurz- und langfristig an?
Naja, ich habe schon ziemlich viele, große Pläne. Vielleicht auch ein bisschen utopisch, aber das wird sich alles zeigen. Unser Corporate Design haben wir schon angepasst und viel positives Feedback bekommen.
Was den Weinbau betrifft, möchte ich mich mehr auf die Pinot-Sorten fokussieren und unsere Sortimentsstruktur etwas anpassen. Darüber hinaus möchte ich natürlich auch die anderen Produkte unserer Landwirtschaft, die dann auch zu unserem Wein passen, vermarkten. Unser Weingut soll ein Ort der Begegnung sein, mir geht es auch darum, alle Interessierten mit zu nehmen und Blicke hinter die Kulissen zu geben.  Und naja, gerne würde ich auch den Keller etwas ausbauen. 

Welche Vision hast Du in Bezug auf den Weinbau allgemein und in Bezug auf das eigene Weingut? 
Für mich ist der Weinbau ein Teil der gesamten Landwirtschaft. Und Landwirtschaft soll vielfältig sein, um den Herausforderungen, die der Klimawandel mit sich bringt, gewachsen zu sein und einen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt zu leisten. Anders, als dem Trend der Spezialisierung zu folgen, möchte ich die bestehende Kreislaufwirtschaft beibehalten und auch perfektionieren. Also zurück zum Ursprung. Eine diverse, aufgelockerte Landschaft ist viel resilienter, es gilt sie zu bewahren. 
Hierzu gehört natürlich auch die Tierhaltung. Seit über 10 Jahren arbeiten wir bereits mit Schafen zur Landschaftspflege, Kühe gehören seit je her zu unserem Betrieb und spielen für einen geschlossenen Kreislauf natürlich auch eine große Rolle. 
Weiter glaube ich, dass der Boden, in dem die Reben wurzeln, die Grundlage für eine gute Traubenqualität und damit auch für das Aroma der Weine liefert. Darauf aufbauend soll der Ausbau der Weine möglichst schonend und ohne große Eingriffe sein, sodass die Weine ihr eigenes Potential voll entwickeln können. 

Ich würde mir wünschen, dass das Bewusstsein und vor allem auch die Wertschätzung gegenüber der Landwirtschaft und des Weinbaus wieder wächst und ich meinen Teil dazu beitragen kann, Menschen Freude & Genuss mit meinen Weinen und der Landwirtschaft zu schenken. Ganz regional und bodenständig. 

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